A place you can call home

24 March 2009 | Australien

Ich schätze die beiden auf etwa Sechzig. Sie raucht zuviel, er trinkt zuviel, zusammen sind Pat und John ein nettes Paar und liebevolle Gastgeber. Vor fünfunddreißig Jahren kamen sie aus England bzw. Irland hierher und sind geblieben. Fünf Kinder haben sie, über ganz Australien und England verstreut, und eine Horde Enkelkinder, die im Eßzimmer herumtollen, während Oma hinter der Rezeption sitzt und den Laden schmeißt. Die Enkelkinder sind ihr wichtig, denn bei ihren eigenen Kindern hat sie viel versäumt, stets zuviel gearbeitet. Irgendwann hat sie schließlich ihren Job als Geschäftsführerin hingeworfen und dann sind sie rumgereist, John und Pat. Durch ganz Australien mit dem Campingbus und ohne Kids, die waren schon groß. Sie kennen die australische Tourismusindustrie in- und auswendig, sie wissen wie es zugeht in den Hotels, Motels, B&Bs, den Guesthouses und den Backpackers. Zwei Jahre lang haben sie ja selbst das größte Backpackers in Albany geleitet, sieben Tage die Woche, ohne Urlaub, ein Knochenjob in dem man nicht alt wird.

 

Als sie es kaufen wollten, um es so zu führen, wie sie selbst es wollten, hat der Eigentümer abgewinkt. So haben sie vor eineinhalb Jahren dieses hier gekauft. Sie waren die einzigen, die es kriegten, weil sie die einzigen waren, die Cash zahlen konnten. Für einen Bankkredit war das Haus zu sehr heruntergekommen. Seitdem renovieren sie, Stück für Stück, Zimmer für Zimmer, jeden Tag ein bißchen. Die Familienzimmer sind noch nicht fertig, jedes kriegt ein eigenes Thema – von Waterworld bis Wüstenei, damit die Kids sich wohl fühlen. Die Bettlaken sind zweifach, damit man auf einem schlafen und sich mit dem anderen zudecken kann. Die Konkurrenz vom YHA nimmt einfach doppelte Laken zum Falten, aber dann kann man unten die Füsse nicht mehr rausstrecken. Ein Albtraum für Pat, deshalb macht sie es anders. Ist teurer so, weil die Wäscherei pro Stück abrechnet, aber das ist es ihr wert. Ohne Eigeninitiative geht es sowieso nicht, sonst sieht es nach kurzer Zeit aus wie in jenen Hostels, für die die Backpackerszene verschrien ist: mit dreckigen Klos, kaputten Betten und dem dazu passenden täglich besoffenen Publikum. Einmal die Woche kommt eine Putzfrau und erledigt das Grobe, aber sonst putzen Pat und John die Küche selber und lassen das nicht Gäste erledigen, die gerade knapp bei Kasse sind, wie es anderswo gerne gemacht wird. "You have to pay for your bed!" sagt Pat und bleibt hart. "If you can’t afford paying, we give you work, pay you a fair wage, so you can afford to pay for your bed."

 

Im Anbau hinter dem Haus wohnen sie, wenn sie hier sind, das sind vier Tage die Woche. Drei Tage lang haben sie ein Managerpärchen eingestellt, zwei junge Traveller aus Irland. Pat meint, jeder hätte das Recht auf einen ordentlichen Platz zum Schlafen. Ordentlich, gemütlich, einladend. Nichts weniger wollen sie ihren Gästen bieten, darunter machen sie’s nicht, auch wenn das verdreckte Backpackers drüben in Albany weit mehr Rendite abwirft als das eigene.

 

Donnerstag bis Sonntag. Am Montagmorgen vertschüssen sie sich und übergeben an die jungen Teilzeitmanager. Dann klemmt Pat sich hinter das Steuer ihres alten Nissan Geländewagens und sie fahren in ihr Privathaus weiter nördlich in den Stirling Ranges. Das will schließlich auch renoviert werden. Damit es zu dem wird, was Pats Spezialität ist: A place you can call home.


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