Am rostigen Berg

26 February 2009 | Australien
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß der Höhepunkt jeder Australienreise ein rostiger Berg inmitten einer Wüste ist, der den Australiern noch nicht mal gehört.
Auf den habt ihr doch alle gewartet, stimmts?

Auf den habt ihr doch alle gewartet, stimmts?

Schon beeindruckend das Ding

Schon beeindruckend das Ding

Den weißen Australiern natürlich, die haben den Berg nämlich gemietet! Gehören tut er dem Anangu Stamm bzw. einem Kollektiv von Aborigines. Denen wurde ein Großteil des Northern Territory 1985 offiziell zurückgegeben, seitdem hat die australische Regierung einen Teil des Landes auf 99 Jahre gepachtet um den Nationalpark dort weiterhin zu betreiben.

 

 

Das Ayers Rock Resort ist ein kleines Städtchen mit 5 Hotels, ein paar Privathäusern, einem Information Center, einer Tankstelle und dem teuersten Supermarkt Australiens. Ist ja auch ziemlich abgelegen. Rund fünf Stunden Fahrt von Alice Springs entfernt liegt es mitten im Outback, die nächste Tankstelle, die gleichzeit Motel, Ranch und Ortschaft auf der Landkarte ist, ist fast 300 km entfernt. D.h. die Farmen hier heißen "Cattle Stations", also Stationen für Rindviecher. Südlich von Alice Springs ist eine so groß wie Belgien, auf der gerade mal 30 Leute arbeiten. Cowboy Romantik ist das nicht, zum Kühe hüten braucht man hier einen Helikopter-Flugschein.
Schon gut, ich kann euch auf den Sitzen wetzen hören… Der Uluru, wie der Ayers Rock seit der Rückgabe des Nationalparks wieder genannt wird, ist aus der Nähe betrachtet überhaupt nicht rot, sondern eigentlich hell- bis dunkelgrau wie andere Felsen auch. Die rote Farbe kommt wie beim roten Sand ringsum vom Eisengehalt im Stein, das an der Oberfläche mit Luft oxidiert. Der Berg rostet also und wer sich bei Regen an den Berg wagt, der kann nicht nur tolle Wasserfälle entlang der Felsrinnen beobachten, der sieht den Berg auch in dunkelgrau und fies wie er ist der Berg, schmeißt er manchmal rostige Felsplatten runter, um die Besucher zu ärgern. Berg schlägt zurück, nachdem er sich wochen- und monatelang von den Besuchern anpinkeln lassen mußte. Ja genau! Oder glaubt ihr etwa, dort oben gäb’s ein Klo? Und was bitteschön passiert mit den rund 3 Litern Wasser, die jeder Kletterer circa braucht, bis er oben ist? Bei Regen kommt das jedenfalls alles runter und landet in dem Wasserloch hier. Viel Spaß beim Planschen:
Wasserloch am Uluru

Wasserloch am Uluru

Da rechts im Bild ist mal ein Neuanstrich fällig

Da rechts im Bild ist mal ein Neuanstrich fällig

348 m ist das Ding hoch, man kann es auf der Westseite besteigen, aber ich hatte kein Glück damit. Ab 8 Uhr früh ist der Aufstieg geschlossen, dann nämlich wenn es im Schatten unten über 36 Grad kriegt, machen sie es sicherheitshalber zu. Man ist dort oben leider kilometerweit sichtbar, also leicht von den Rangern auszumachen. Wir sind also nur unten rundrum und haben dort hingepinktelt, wo’s nicht stört. Dort wo’s nicht heilig ist natürlich. Denn einige Stellen des Berges sind den Aborigines heilig und es wird strikt zwischen Männern und Frauen getrent! Die wollen wahrscheinlich auch nicht, daß ihnen jemand zuschaut. Wirklich benutzt als Zeremonienstätte wird er Uluru jedenfalls nicht mehr, die Kata Tjutas schon. Das ist der einheimische Name für die zweite Sehenswürdigkeit in der Gegend, etwa 30 km weit weg. Wörtlich übersetzt heißt das "viele Köpfe", eine Formation von 36 Felsen mit abgerundeter Kuppe. Die sind so heilig, daß niemand sie mehr besteigen darf und nicht mal die weißen Australier dürfen wissen, was genau dort passiert. Go figure. 
Herr der Fliegen, bei den Kata Tjutas

Herr der Fliegen, bei den Kata Tjutas

Doch doch, es war eindrucksvoll, diesen großen Stein zu berühren, wir haben auf der Stelle Freundschaft geschlossen. Der Fels ist in Wirklichkeit gar nicht glatt, sondern sehr porös. Da speichert soviel Wasser drin, daß der Berg die Pflanzen in der Umgebung monatelang versorgen kann und alles rundum sehr grün ist. Und gut gedüngt iss ja auch. 
Und meinen Bergsteigertrip hab ich schon am Vortag erledigt. Vier Stunden Kings Canyon von oben. Der ist rund 270 m tief und auch ziemlich eindrucksvoll. Fast noch schöner, weil dort nix verboten ist, was der liebe Gott erlaubt hat.
Ausblick vom Kings Canyon ... und kein Schild das dich warnt, denn hier geht's 250 m weit runter.

Ausblick vom Kings Canyon ... und kein Schild das dich warnt, denn hier geht's 250 m weit runter.

Übrigens kriegt der Berg nicht bei Sonnenuntergang seine strahlend rotgoldene Farbe. Vielleicht bei Sonnenaufgang? Oder aber im Winter, wenn die Sonne anders steht. Diesbezüglich wurden die paar hundert Schaulustigen die sich hier zum Sekt und Abendbrot beim Abendrot versammeln, auch heute enttäuscht.
Es ist low season, sonst ist es hier voller

Es ist low season, sonst ist es hier voller

Selber Standort, die Kata Tjutas in der Ferne

Selber Standort, die Kata Tjutas in der Ferne


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