Colonia de Sacramento

19 March 2014 | Buenos Aires

Die beiden deutschen Paare, die letzte Woche abgereist sind, waren schon vor zwei Wochen dort. Leider, meinten sie, hätten sie für die Rückfahrt die späte Fähre gebucht und nicht die frühere. Denn so saßen sie am Abend mehrere Stunden herum und versuchten, die Zeit totzuschlagen. Als wir um 16 Uhr mit Colonia durch sind, können wir das Problem urplötzlich nachvollziehen. Doch der Reihe nach.

 

Colonia de Sacramento liegt in Uruguay auf der anderen Seite des Rio de la Plata und ist mit der Fähre in rund einer Stunde erreichbar. Die Altstadt von Colonia gehört zum Weltkulturerbe und ist tatsächlich ein Schmuckstück. Eine Aus- und Durchsicht jagt die nächste, Fotomotive hinter jeder Hausecke. Wir mieten uns Fahrräder für den ganzen Tag und machen uns auf den Weg…

 

Uruguay ist der Hausstrand von Buenos Aires, Colonia der Anlaufpunkt. Weiter östlich liegt Montevideo, noch ein Stück weiter östlich davon Punta del Este, die Bade- und Wochenenddestination der argentinischen Schickeria. Dort sind die Strände wirklich schön, die Restaurants schick und alles ein wenig teurer. Was aber nicht weiter stört, denn Uruguay ist auch die Bank Argentiniens. Hierher kommt man zum Geldwechseln oder Dollar nachkaufen. Aus dem Geldautomaten kommen wahlweise Pesos, Dollar oder Euro, die man drüben dann wieder schwarz gegen argentinisches Geld tauscht.

 

Außerhalb der entzückenden Altstadt, welche ausgesprochen überschaubar und zu Fuß in einer Stunde abzulaufen ist, kommt Colonia recht amerikanisch daher. Hotels reihen sich an Ferienbungalows und diese wechseln mit neugebauten Apartementhäusern und zum Verkauf angebotenen Grundstücken. Se Vende und Aquila sind jene Vokabel, denen man hier auf Schritt und Tritt begegnet. Wir werfen einen Blick auf die 1910 erbaute Stierkampfarena, die 8000 Besucher faßt. Oder gefaßt hat, denn heute ist das Bauwerk abgesperrt und einsturzgefährdet. Außerhalb der pitoresken Altstadt wirkt Colonia ausgesprochen deprimierend. Ob das an der Nachsaison und dem windigen, etwas kühlen Wetter liegt? Ich bin nicht sicher. Ein geschlossenes Café im Zentrum, das zum Verkauf steht, neben mehreren Dutzend anderer Häuser wirkt ein bißchen wie die Küstenorte Spaniens vor der Immobilienkrise.

 

Am Nachmittag versteckt sich langsam die Sonne hinter Wolken und wird die kühle Meeresbrise zudringlich, der Aufenthalt im Freien langsam ungemütlich. Wir beenden unsere Siesta mit Pullover und Schal am Strand und machen uns auf die Suche nach geschützten Räumen, in denen wir die letzten paar Stunden bis zur Fähre rumkriegen. In einer ganz verschwiegenen Ecke der Altstadt werden wir schließlich doch noch fündig und entdecken das Charco Hotel mit seinen sieben White Rooms und seiner lauschigen Terrasse mit Blick aufs Wasser. Im Prospekt findet sich letztendlich auch die Erklärung, die für ganz Colonia Pate stehen könnte: Brightness, whiteness, space, silence… an atmosphere that represents a journey in itself. Dafür sind $350 die Nacht eigentlich gar nicht so wild.

 

 

 


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