In Vorbereitungen…

Normalerweise packe ich frühestens vierundzwanzig Stunden vor Abflug. Doch diesmal ist es anders. Zwei Wochen Buenos Aires werden zwar logistisch ein Klacks, ansonsten aber vermutlich eher anspruchsvoll.

 

Nennen wir es Urlaub, Tangourlaub. In meiner grenzenlosen Selbstüberschätzung hab ich die Reise bereits im Frühjahr gebucht, bezahlt, fix gemacht. Nach nicht mal vier Wochen Praxis dachte ich mir damals: oooch , bis zum Herbst geht das schon, von blutigstem Anfängerniveau auf nicht mehr Anfänger… Und wenn von Argentinien retour, dann ja mindestens ziemlich fortgeschritten, eh klar!

 

Ja logisch.

 

Die Praxis sieht auch nach fünf Monaten Tango noch ganz anders aus. Tangolehrer Thomas predigt mir einmal pro Woche, ich möge doch erst mal die einfachen Dinge lernen – das Gehen zum Beispiel. Er findet an jedem einzelnen Schritt etwas auszusetzen – ich übrigens auch. Wie kann etwas so schwierig sein, das so einfach aussieht, noch dazu, wenn man in seinem Inneren spürt, wie es sich anfühlen sollte und es trotzdem nicht hinbekommt? Körperbewußtsein, Achse, Schritt. Theoretisch alles im Kopf, nur die Beine sind der Spielverderber. Schweinebeine, ich werd euch Beine machen!

 

Was hab ich mir da aufgehalst? Doch ich hab mich selten so sehr für etwas begeistert, so sehr in etwas verbissen, wie in den Argentinischen Tango. Und wenn es einmal soweit kommt, dann lasse ich nicht mehr los.

 

Abgesehen davon sehe ich nach wie vor überhaupt nicht ein, warum die zehn Jahre Lehr- und Übungszeit, die fast jeder dafür braucht, auch für mich gelten sollten. Aber hallo, wie komme ich denn dazu? Nicht mit mir! Geduld war schließlich von jeher eine meiner Stärken, Hartnäckigkeit aber auch. Also Turbo einschalten. Also Argentinien. Buenos Aires, ich komme … zwei Wochen Tango-Bootcamp! Die Guten überleben das. Und sollte zwischen Einzelstunden, Workshops und Milongas noch etwas Zeit übrig sein, werd ich euch von Buenos Aires erzählen. Wie es so ist in der Hauptstadt des Tangos. Glaubt mir, es zu lesen wird unterhaltsamer, als mir beim Tango zuzusehen!

 

Bis dahin laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Von zwei/drei Mal pro Woche hochgeschraubt auf vier/fünf Mal ab September. Einen simplen Schritt, den würde ich doch gerne schon beherrschen vor Abflug. Vielleicht sogar zwei, einen linken und einen rechten. Um nicht ein von Anfängerspuren allzu blutiges Parkett zu hinterlassen beim Gehen .


Das leuchtende Land erwacht

Wie kommt ein Land vorwärts, hab ich eingangs gefragt, in dem es dermaßen schwierig ist, vorwärts zu kommen? Es kommt nicht. Die amtliche Höchstgeschwindigkiet auf Hauptstraßen ist 70 km/h, im Ortgebiet 32 km/h.

 

Das war ein Scherz. Einer vom Verkehrsministerium. Als ob irgend jemand irgendwo in diesem Land so schnell fahren könnte. Sri Lanka läßt sich durchaus mit Indien vergleichen, sagen jene, die aus Indien kommen. Schöner, sauberer, weniger chaotisch. Edel-Indien mit Strandbonus.

 

Vielleicht ist das aber auch die falsche Frage. Stellen wir sie anders. Wo ist vorne oder: was ist Sri Lanka nicht? Es ist kein Industrieland. Zum Glück, so ist die Natur weitgehend intakt, die Strände sauber, das Wasser klar. Tee funktioniert. Die Textilindustrie der 70er Jahre funktioniert nicht mehr so gut. Sonst ist ziemlich aufgeräumt. Es ist auch kein High-Tech-Land, das wie Indien auf den IT-Zug aufgesprungen ist. Den Teil haben sie verschlafen – Sri Lanka wirkt vielfach, als wäre es erst vor kurzem aus einem 25jährigen Dornröschenschlaf erwacht. Die meisten Guesthouses legen Zeugnis davon ab und sehen aus, als wären sie vor zwei bis drei Jahrzehnten einmal eingerichtet und seither nicht mehr verändert worden. Ja, manche nicht mal geputzt. Eine Vorliebe für Musik der 80er Jahre von Abba bis Boney M. und die Autos auf den Straßen verstärken den Eindruck. 25 Jahre Dornröschenschlaf – das paßt in etwa mit dem Krieg zusammen. Seit der vorbei ist, rührt sich etwas auf der Baustelle Sri Lanka.

 

Wo also ist vorne? Ist es die Edeldestination für Sonnen- und Strandhungrige am indischen Subkontinent mit mittlerem Budget und dem Wunsch nach Ayurveda-Rundumversorgung?

 

Im Jetwing Blue in Negombo stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis bereits: schweineteuer, aber gut.

Im Jetwing Blue in Negombo stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis bereits: schweineteuer, aber gut.

Die preiswerte Hippie-Absteige mit Traumstränden von vor Jahrzehnten gibt es nicht mehr. Selbst landeinwärts hat sich herumgesprochen, daß Touristen bereit sind, 10 Dollar Eintritt zu zahlen für einen halbverwilderten botanischen Garten in Kandy, für den man hierzulande den Gärtner entlassen würde. Oder 30 Dollar, um den UNESCO-geschützten Felsen von Sigiriya zu besteigen. Die Preisangaben der aktuellsten Reiseführer vom letzten Jahr sind längst veraltet, es fehlen nicht ein paar Rupien, es fehlen zwanzig, teilweise dreißig Prozent. Diese Zweiklassengesellschaft zieht sich durch die gesamte Insel und nach dem dritten oder vierten Kulturbesuch frägt man sich unweigerlich, ob es tatsächlich solche Summen wert ist, sich einen Tempel von innen anzusehen, dessen Allerheiligstes ohnehin niemand zu sehen bekommt und dessen Aura fernöstlicher Spiritualität sich beim Betreten verflüchtigt. Buddhismus auf Sri Lanka ist spirituell so gehaltvoll wie ein Big Mac Vitamine hat. Das friedliche Nebeneinander der Religionen hat etwas Putziges, wenn jedes Straßentaxi von einer Galerie mit Buddha-Abbildungen samt Hindugöttern in einer Reihe geziert wird, plus Jesus am Kreuz, schließlich weiß man nie, wer grad Dienst hat.

 

Warten wir’s ab. Sri Lanka besitzt Naturschönheiten, die in der Dichte nicht leicht zu finden sind. Und es besitzt Menschen, die freundlicher sind als anderswo. Das ist kein so übles Kapital! Wenn es ihnen gelingt, die Dollar noch einigermaßen klug zu verteilen und die Tamilen, welche besiegt aber nicht befriedet sind, am Wirtschaftsaufschwung teilhaben zu lassen, dann könnte sich das mit dem derzeit noch schiefliegenden Preisleistungsverhältnis ausgehen. In ein paar Jahren.

 

Denn das leuchtende Land erwacht. Es weiß nur noch nicht, wieviel es wert ist und wieviel nicht.


Im Maul des Löwen

Eine Sri Lanka Rundreise wäre nicht ganz komplett, ohne Sigiriya gesehen zu haben. Das war eigentlich ein paar Tage früher geplant und von Kandy wäre es nicht sehr weit gewesen. So hingegen nochmal die Ochsentour: Abfahrt um 5 Uhr früh, dreieinhalb Stunden Hinweg über Straßen, die auch der nagelneue Toyota-Bus nicht zu kaschieren vermag: Bandscheibenvorfall im Reisepreis inkludiert, mit gratis Wiederholungsfahrt, wenn’s beim ersten Mal nicht klappt.

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Sigiriyas Geschichte war Inspiration für Filme und Bücher und geht in der Kürze so: anno 477 ließ König Kasyapa seinen Vater ermorden und seinen Halbbruder vertreiben, um den Thron zu übernehmen. Als Regierungssitz ersonn er sich den Felsen aus und ließ darauf sein persönliches Lustschloß erbauen. 200 Meter hoch erhebt sich der Felsen aus dem flachen Buschland ringsum. Toller Ausblick war jedenfalls garantiert und ein paar der 500 Frauen des guten Mannes werden wohl den mühsamen Aufstieg auf sich genommen haben, um ihm Gesellschaft zu leisten. Die Fresken entlang des Aufstieges sollen die Frauen abbilden.

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Der Löwenkopf (Sinha-Giri) ist der eigentliche Eingang zum Wohnbereich der Festung. Übrig sind freilich nur mehr die Tatzen. Wenn man bedenkt, daß die gesamte Festung innerhalb von 7 Jahren fertig erbaut wurde, kann man ermessen, was die geleistet haben. Noch heute gibt es hier keinen Lastenaufzug.

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Achzehn Jahre später, 495 AD, kehrte übrigens der Bruder aus seinem indischen Exil zurück. Kasyapa verlor die Schlacht und Sigiriya wurde als Festung wieder aufgegeben.


Kein Ayurveda

18 Uhr, 25° im Freien, trotz Pullover Schüttelfrost. Ein Fieberschub, die bohrenden Kopfschmerzen kommen später. Gleich wie gestern.

 

Die praktische Ärztin im Haus gegenüber diagnostiziert ein Viral Fever – ob ansteckend oder nicht, ist sie sich nicht sicher. Aber es verleidet im Moment das Weiterreisen.

 

Bei echten Krankheiten machen auch die Sri Lanker ernst und verschreiben richtige Medikamente. 700 Rupien für abgezählte Tabletten – soviel wie bei uns die Rezeptgebühr – sind kein Kleingeld für Einheimische. Volle Dröhnung also, in einigen Tagen soll’s wieder gut sein.

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World’s End

Tagwache 4:30 Uhr. Wir wollen früh dort sein, bevor der morgendliche Dunst von den Tälern aufsteigt und die Fernsicht vereitelt. Bis ans Ende der Welt sind es eineinhalb Stunden Fahrt und eine Stunde Fußmarsch – doch wie sovieles in diesem Land sind die Zeitangaben sehr relativ. Die Handgriffe sind automatisiert, warme Sachen im Rucksack nach oben, alles andere nach unten, letzter Rundblick nach vergessenen Gegenständen negativ, marschbereit.

 

Sri Lanka ist ein Land der Frühaufsteher. Unsere Fahrt führt um fünf Uhr früh durch gottverlassene Bergdörfer, doch die Tamilen sind längst auf und unterwegs, zu zwölft auf der Ladefläche eines Klein-LKW, frierend zusammengedrückt, auf dem Weg nach wer-weiß-wohin. Hier ist Tamilenland. Unser Kleinbus klettert weitere 1000 Höhenmeter auf Straßen, die zuhause einer Bergbauernhofzufahrt Schimpf und Schande einbrächten, und mit jeder Viertelstunde wird es kälter, bis endlich endlich der Sonnenaufgang die Nacht ablöst.

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Naama verteilt Frühstückspakete, Toast gefüllt mit Curry-Paste – noch leicht warm, Bananen und Zitronenkekse. Wie sie das um 4 Uhr früh hingekriegt hat, ist eine Sensation und absolut süß von ihr. Letztlich kommen wir doch erst um halb Acht an, die Fahrt hat wieder einmal etwas länger gedauert. Wir sind beileibe nicht die ersten – zwölf Gruppen sind bereits vor uns rein, ab dem Vormittag wird es sich am Gate stauen, kommen die Einheimischen zum Familienausflug.

 

Die Gegend ist surreal, erst recht in dem klaren morgendlichen Licht. Ein riesiges Hochplateau auf 2000 Meter. Horton Plains und das Ende der Welt. Der Pfad ist gut befestigt, abschweifen verboten, Alkohol verboten, Rauchen verboten, Plastiksackerl verboten. Unsere Zitronenkekse werden von der Security in Papier umgepackt, damit wir nichts dalassen können, was der Umwelt schadet. Keine Ahnung, wie sie mit dem Cola umgehen, die Wasserflaschen dürfen passieren. Unsere. Bei den Tamilen sind sie strenger, beginnt die Umwelterziehung erst, bei uns Weißen setzen sie offenbar schon ein paar Manieren voraus oder sie wollen uns bloß nicht ärgern, der Eintritt ist hoch genug.

 

Nach einer Stunde Marsch erreichen wir World’s End. Eine Klippe, 900 Meter hoch. Beim Drüberbeugen kribbelt es in der Magengegend, wirklich. 900 Meter senkrecht ist ernst, da sagt der Magen was anderes als der Kopf! Erste Dunstschleier ziehen bereits aus dem Tal herauf. Später werden sie Wolken bilden, die die Hochebene buchstäblich einnebeln. Der Großteil der Wolken regnet nicht ab, sondern streift seine Feuchtigkeit direkt ans Laub der Bäume ab. Es hat sich gelohnt, das frühe Aufstehen.

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Um 11:30 Uhr sind wir 300 Meter tiefer. Bei Ohiya schmeißen sie mich aus dem Bus, kurze Umarmung, gute Reise! Grad rechtzeitig, der 9-Uhr-Zug von Ella, den ich eigentlich nehmen wollte, kommt hier um 11:27 Uhr durch. Wir haben die übliche Verspätung gut kalkuliert. Nur der reservierte Platz in der ersten Klasse, der ist leider weg. Nicht mehr zu kriegen. 70 Kilometer Luftlinie, sechs Stunden Stehplatz bis Kandy. Warum tue ich mir das nur an? Aber sie war einfach zu charmant, als daß jemand ihr hätte widerstehen können:

Naama mit den Zitronenkeksen
Naama mit den Zitronenkeksen

  

Durch das Tea Country von Sri Lanka mit dem Zug: hier oben auf über 1700 Meter wächst der beste Tee.

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1000 Meter über dem Meer

Von Matara bis Ella, einem kleinen Örtchen am Fuße der Highlands von Sri Lanka sind es knapp 200 Kilometer, also fünf Stunden in einem überfüllten Bus, diesmal mit zwei Sitzplätzen, einen für mich, einen für den Rucksack. Die Fahrt auf den engen, leidlich gepolsterten und plastikbezogenen Sitzen erweist sich als erstaunlich kurzweilig und streßfrei. Zwei Tage später, auf einer 6-stündigen Zugfahrt, dann aber mit Stehplatz zwischen den Klos und dem Rucksack zwischen den Beinen, werde ich mich nach diesem Sitz zurücksehnen.

 

Entlang der Küste macht der Bus ordentlich Fahrt. Das muß er auch, denn drei Stunden später wird er sich im ersten Gang die Serpentinen hochquälen bis auf 1000 Meter Meereshöhe, links der Berg, rechts die Schlucht, buchstäblich.

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Ella zu beschreiben, ist ein bißchen so, als würde man Straßwalchen als österreichischen Tourismusknotenpunkt anpreisen. Eine Straße, ein paar Häuser, fünf Restaurants und Cafés. Dazu die Bahnlinie und jede Menge Gegend. Aber was für eine Gegend! Auf 1041 Meter sind die Nächte kühl und die Moskitos friedlich, ich benötige zum ersten Mal den Schlafsack, nicht nur wegen der nächtlichen Kühle, auch weil das Bett so aussieht, als wären die Leintücher vor zwei Monaten das letzte Mal gewaschen worden. Zwei dünne Schaumgummimatratzen gestapelt sind immer noch hart zum Liegen – verkauft denen hier bitte irgendwer eine Schiffladung Matratzen? Im ganzen Land sind sie so. Nachdem ich fertig kalt geduscht bin, kommt doch noch das Warmwasser – es braucht lediglich zehn Minuten Vorlauf.

 

Doch Ella ist hübsch. Es hat auf eine eigenartige Weise Flair, der sich möglicherweise nicht jedem erschließt und dessen Ursprung ich mir selbst nicht erklären kann. Die Teefabrik, die ich am Samstag gerne besichtigen möchte, ist fünf Kilometer enfernt. Ob sie am Samstag geöffnet hat, frage ich. Yes yes. They close at 1 pm. Aber es ist bereits 20 vor Eins! Yes yes, you can go. Dann eben kein Tee, sondern der nächste Hügel mit prachtvoller Aussicht. Mir tun noch die Füsse weh vom unzureichenden Schuhwerk für den Ella’s Rock, die kleine Bergtour heute morgen, 4 Stunden rauf und runter, absolut sehenswert. Von oben bietet sich ein Ausblick auf die in der Ferne liegenden Berge, die kleineren Berge ringsum und die steilen Täler, gesäumt von Teeplantagen soweit das Auge reicht. Ab 9 Uhr früh wird es dunstig, man sollte um 8 Uhr schon am Gipfel stehen oder den späteren Nachmittag nehmen, wenn die Tageshitze Bergtouren zur schweißtreibenden Angelegenheit macht. Unsere kleine Gruppe aus Deutschen, Schweizern, Dänen und mir trifft oben auf Harald aus Wien und Naama aus Jerusalem.

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Die Unterkünfte der Teepflücker, Teeplantage, Ayurveda-Resort in den Bergen:

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Ausblick vom Litte Adam’s Peak:

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Der Wasserfall von Ella, Pflichtprogramm:

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Abends treffen wir uns wieder – zwangsläufig, denn es gibt nicht viele Treffpunkte in Ella. Naama ist seit einem halben Jahr hier, Freiwilligenarbeit als Auslandssemester ihres Studiums: Integrationspolitik. Wir plaudern über Buddhismus, die Nachwirkungen des Bürgerkriegs in Sri Lanka und wie frustrierend es sein kann, mit den Menschen hier zu kommunizieren. Kulturelle Barrieren sind sprachliche sind kulturelle, man kommt schwer durch zu den Leuten, selbst mit Dolmetscher.

 

Naama will nach Horton Plains , einem Nationalpark östlich von hier. Und nach dem vierten Bier hat sie uns tatsächlich überredet, mitzukommen; dann schwirrt sie los, um noch alles schnell zu organisieren. Samstag Abend um 11 schließt das letzte Restaurant und klappt den Gehsteig hoch. Schlafsack zu und Ende, eine weitere sternenklare Nacht in Tea Country.


Erste Reihe fußfrei

Sieben Uhr abends. High Tide und Dinner Time. Mirissa ist von Dunkelheit verschluckt, der Strand sanft illuminiert. Hier reiht sich ein Restaurant ans andere, alle direkt am Strand, etwa ein Dutzend an der Zahl. Ich lasse die Halbpension sausen und genehmige mir einen Fisch, den sie hier frisch am Strand präsentieren, Catch of the day.

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Der himmelblau gestrichene Tisch hat Brusthöhe, die Plastiksessel versinken im Sand. Vor mir, erste Reihe fußfrei, geben sie das tägliche Spektakel der Brandung, seit Jahren in der Endlosschleife, immer noch ausverkauft. Erstklassiger Surf hier, und sehr relaxed. Strand wie er sein soll. Einzelne Ausläufer der Wellen unterspülen die Tischbeine, man muß die Cocktails schnell wegtrinken, damit sie nicht überlaufen, wenn der Tisch plötzlich einsinkt im Sand. Und der DJ vom Wijiya läßt oberfeinsten Reggae aus völlig desolaten Boxen über den Strand plärren. Sogar die Moskitos sind einigermaßen friedlich – ob es an der sanften Brise liegt oder daran, daß ich wie ein Zitronenbaum rieche, ist noch nicht geklärt (Citronella funktioniert prima, wenn man es in Mengen anwendet, echt!).

 

Mirissa ist eigentlich Surfers’ Territory. Zumindest ab der nächsten Bucht Weligama bis rauf nach Hikkaduwa, ein Stück von 20 Kilometern, geht es wirklich zur Sache, dort ist der Surf noch besser. Mirissa ist Surfers’ Hidaway und Chillout. Eine Bucht, knapp einen Kilometer lang, begrenzt nur von einer Halbinsel und einem Riff. Knapp ein Kilometer feiner gelber Sand, erstklassige Wellen, gut zum Schwimmen und überhaupt ziemlich "picturesque". Würde ich mir ein Haus in Sri Lanka kaufen, wie es der Besitzer vom "New Old Dutch House" in Galle angeregt hat, der zu geizig war, sich ein Badezimmer einzubauen und lieber die Gemeinschaftsdusche seines eigenen Guesthouses benutzt, dann stünde das Haus wohl hier.

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Mirissa.

Bester Strand Sri Lankas.

Bester Surf für Nichtsurfer. Mindestens.

 

Der Ort Mirissa ist gesichtslos, Häuser entlang der Straße wie in den meisten Orten, abends geht entlang der Straße das Licht aus, klappen die nicht vorhandenen Gehsteige hoch. Denn abends ist die gesamte Bucht beleuchtet, jede Bar am Strand versucht die andere zu übertrumpfen. Man spaziert nicht an der Straße, das gesamte Abendprogramm findet direkt am indischen Ozean statt.

 

Mein Zimmer ist 40 Meter entfernt. Die allesbeherrschende Brandung schickt im 7-Sekunden-Rhythmus ihre Wellen an Land. Ein guter Rhythmus. Man schläft nachts in den Schlaf gewiegt und wacht pünktlich um halb Sieben auf, wenn die Sonne beginnt, über die Bucht zu wandern. Daran ändern auch ein paar Mojitos nichts, die der Besitzer vom Wijiya wirklich prima beherrscht. Und den Reggae natürlich, den hat er im Blut.

 

Und daran ändert auch der Red Snapper nichts, den ich zum Abendessen bestellt habe, mit Chips und Reis, no Salad. Mit mehr als guter Verspätung kam er vom Grill, Chips und Cole Slaw dabei, ohne Reis. Die BBQ-Souce auf der Oberseite war eh würzig. Aber trotzdem hätte der "leckere rote Fisch in Mirissa", von dem mir die beiden Französinnen, die ich in Galle kennengelernt hatte, so vorgeschwärmt haben, hätte dieser rote Fisch ein klein wenig mehr kulinarische Aufmerksamkeit verdient gehabt. IMHO. Mojitos prima, aber das Kochen müssen sie noch ein bißchen üben in Mirissa.

 

Aber Strand, erste Reihe fußfrei. Besser wirds nicht.

 

Auch auf den Malediven nicht, die längst gestrichen sind. Nur die Inseln dort sind kleiner.


Secret of Long Life

Mit seiner sanft jovialen Art und seiner Herzensgüte ist Dr. Naleperuma der Prototyp eines singhalesischen Gutmenschen. Um 11 habe ich einen Termin bei ihm. Ayurveda Consultation.

 

Irgendwann mußte ich einfach rausfinden, was dahinter steckt. Sri Lanka wäre nicht komplett ohne diese Erfahrung, wo an jeder Ecke und dazwischen Ayurveda Healing verkauft wird. Und wenn ich schon mal drei Tage ununterbrochen am selben Ort bin, dann muß es eben sein, solche Gelegenheiten kommen nicht wieder.

 

Dr. Naleperuma ist ein sehr freundlicher netter Mann mit weißgrauem Haar und gütigem Gesicht. Typ Lieblingsopa, die 75 Jahre sieht man ihm nicht unbedingt an, die 50 Jahre Erfahrung spürt man sofort. Die Praxis befindet sich direkt im Resort, ein paar Stunden am Tag ordiniert er, was soll er sich auch ein Bein ausreißen mit seinen 75 Jahren und gut bezahlt ist es ja obendrein – er nimmt das Dreifache des praktischen Arztes, der mir gestern die frisch eingetretenen Seapencil-Stacheln rausoperiert hat.

 

Sea Pencils tun beim Entfernen mehr weh als beim Eintreten

Ob ich verheiratet bin, will er zwischen Whereyoufrom und Pulsdiagnose wissen. Fast unmerklich schüttelt er den Kopf, als ich verneine. “Still not married.” wiederholt er nachdenklich. Greift zum picksüssen Tee und ermuntert mich, meine Tasse zu trinken und von den Keksen zu nehmen. “Healthy cookies” nennt er die Munchee Weizencracker, die Standardkekse des Bahlsen von Sri Lanka, die guten mit E500, E530 und E323, die nach exakt nichts schmecken, solange man sie nicht mit Frischkäse oder sonstwas belegt. Healthy cookies eben.

 

Nun, meint er schließlich, der Puls wäre in Ordnung, meine Prana-Energie nicht ganz im Gleichgewicht, aber nichts, was er nicht hinkriegen würde. Fünf Tage Ayurvedavollprogramm sollten reichen, ansonsten wäre es vorteilhaft, früher aufzustehen, eine Stunde vor Sonnenaufgang wäre ideal, und vor allem sollte ich heiraten.

 

Auf meinen Einwand hin, daß ein so guter Arzt wie er das 5-Tage-Programm doch noch heute Nachmittag hinbringen sollte, weil morgen schon woanders, verordnet er Rücken-, Kopf- und Fußreflexzonenmassage. Über die Sache mit dem Getting Married müssen wir auch noch reden, aber da ist er gedanklich schon weiter und schwärmt von seiner Familie und davon, daß des Mannes höchste Freude letztlich doch genau das sei: ein braves Weib, das für ein schönes Heim verantwortlich zeichnet. Secret of long life. Ob ich hierbei Hilfe bräuchte? Nein, eigentlich nicht. Wir belassen es bei der Dreifachmassage, 16 Uhr bei seinen Assistenten.

 

Drei Massagekammern haben sie eingerichtet in der Hütte, die vierte ist das Arztzimmer. Viel spartanischer aber auch zweckmässiger kann man ein Massagezimmer wohl nicht einrichten. Der Masseur ist vom Fach, das merkt man, sobald er Hand an einen legt. Sanfte Massage aber nachdrücklich. Die beiden Masseure sind sich nicht ganz einig, was sie mit mir tun sollen, da ging etwas von den ärztlichen Anordnungen irgendwo unter. Schließlich beginnt er kurzerhand mit dem Klassiker Fullbodymassage mit Öl. Weil’s eigentlich wurscht ist, schaden tuts ja nicht.

 

Die Prozedur ist wohltuend und ausgesprochen ölig, ich kann mich mittlerweile hervorragend in Seemöven nach einem Tankerunglück hineinversetzen, aber es riecht gar nicht schlecht und wenn drin ist, was drauf steht, dann ist es das teure Öl für 1100 Rupien die Literflasche, rund 8 Euro, von dem er reichlich Gebrauch macht. Mehrmals räuspert sich der Masseur verhalten, schluckt aber dezent runter. Daß der hiesige Brauch des Rotzhochziehens und Ausspuckens insbesondere bei Europäern, die grad zur Massage daliegen, nicht immer auf Verständnis stößt, hat sich in Sri Lanka bereits rumgesprochen.

 

Massagehütte

 

Nach einer Stunde bin ich fertig, vollkommen aufgeladen mit öligem Chi und will schon gehen, da drückt er mich nochmal auf die Liege zum Ausruhen. Und serviert die Tasse picksüßen Tee mit den Healthy Crackers. Zeit um Reflektieren.

 

Das ist es also, das ayurvedische Geheimnis. Mit einer Behandlung ist es freilich nicht getan, es braucht schon ein bißchen mehr für einen nachhaltigen Effekt. Vor allem aber braucht es eine brave Frau, das wurde Dr. Naleperuma nicht müde zu betonen. Denn die schlechthin wichtigste Gesundheitsprophylaxe für den Mann lautet:

 

Happy wife, happy life!


Grüße aus Bollywood

Wie kommt man als Engländer auf die Idee, ausgerechnet in Sri Lanka eine Galerie zu eröffnen, die exklusiv auf Filmplakate von alten Bollywood-Schinken aus den 50er, 60er und 70er Jahren spezialisiert ist?

 

Aber der Reihe nach.

Mit dem Tuktuk 50 km nach Galle

Mit dem Tuktuk 50 km nach Galle

Straßeneindrücke

Straßeneindrücke

Galle ist eine der hübschesten Städte von Sri Lanka. Es hat etwa 100.000 Einwohner und liegt 115 Kilometer südlich von Colombo, schon nahe am Südrand. Es war eine wichtige Stadt für die Portugiesen und danach für die Holländer, die sie als Handelshafen geschätzt und hier auch ihre Fußabdrücke hinterlassen haben. Kolonialarchitekur wohin man schaut. Erst die Briten haben Galle zugunsten von Colombo vernachlässigt. Das vorgelagerte Fort hat die Jahrhunderte und auch den Tsunami in 2004 mehr oder weniger unversehrt überstanden und ist heute UNESCO Weltkulturerbe. Das Fort mit seinen rund 500 x 500 Metern, die bis heute von einer massiven Mauer umschlossen sind, ist eine Art Stadt in der Stadt. Verkehr findet kaum statt, denn die paar Meter gehen alle Touristen zu Fuß. So bleibt ein verwinkeltes Gewirr aus kleinen Gassen und Straßen mit verschlafenen Häusern aus der Kolonialzeit übrig. Auf dem Platz vor dem District Court meint man noch die holländischen Offiziere "Hebt Acht!" (oder so ähnlich, ich war grad um die Ecke) schreien zu hören.

Das alte Stadttor - eigentlich der Eingang zum Fort

Das alte Stadttor - eigentlich der Eingang zum Fort

Galle Fort

Galle Fort

Kolonialarchitektur wohin man schaut

Kolonialarchitektur wohin man schaut

Exerzierplatz der Holländer

Exerzierplatz der Holländer

Ein- und Durchblicke

Ein- und Durchblicke

Ohne Kommentar, für jemand Besonderen

Ohne Kommentar, für jemand bestimmten, der Leuchttürme liebt

Die Gäßchen sind gepflastert, nicht geteert. Viele der Häuser erstrahlen wieder in ihrem ursprünglichen Glanz, einige befinden sich noch im Dornröschenschlaf und warten auf ihre Erweckung. Die Immobilienpreise haben sich in den letzten Jahren vervielfacht, seit etwas betuchtere Europäer, Russen und auch Chinesen sich in dem Viertel mit Dritthäusern eindecken. Die gepflegten Maklerbüros sprechen für sich, Galle boomt, Andratx von Sri Lanka.

Die All-Saints-Church ist nur eine von mehreren Kirchen im Viertel

Die All-Saints-Church ist nur eine von mehreren Kirchen im Viertel

Noch beeindruckender ist die Moschee

Noch beeindruckender ist die Moschee

Das Haus wartet noch auf seine Erweckung

Das Haus wartet noch auf seine Erweckung

Der Wächter vom Maritime Archaeology Museum wartet auch auf seine Erweckung

Der Wächter vom Maritime Archaeology Museum wartet auch auf seine Erweckung

 

Im besten Haus am Platz, dem Amangalla Hotel, das seit dem 17. Jahrhundert hier steht und das älteste registrierte Hotel Sri Lankas ist, mache ich Rast. Church Street One. Der Speisesaal mit Veranda ist fünf Meter hoch, der sanfte Luftzug tut gut. Vom den oberen Stockwerken kann man den Hafen sehen, aber für die oberen Stockwerke brauchts ein paar hundert Dollar mehr als für einen gepflegten Cappuccino und ein Mango-Lassi.

Amangalla Hotel mit Veranda

Amangalla Hotel mit Veranda

Der Ausblick (zumindest vom 1. Stock)

Der Ausblick (zumindest vom 1. Stock)

 

 

In der exklusiven Church Street schließlich hat Philip ein Haus gemietet. Ground floor and first floor. Mit Balcony zur Straße. Im Oberstock steht noch das alte Himmelbett der Vormieter, das war dabei. Philip ist um die Dreißig, ganz Galerist sitzt er im Erdgeschoß vor seinem Macbook Air und arbeitet konzentriert. An der Homepage, denn die ist noch ebensowenig fertig wie überhaupt die ganze Church Street Gallery. Philip verkauft Poster von alten Bollywood-Schinken aus den 50er- bis 70er-Jahren. Wo er die her hat, frage ich ihn. Er lächelt wissend: gute Kontakte über Freunde in Indien. Und wieso auf Sri Lanka und nicht zum Beispiel in London?

 

Nun, meint er lakonisch, er lebt mit seiner Frau hier und irgendwas muß er schließlich anfangen mit den langen sonnigen Tagen. Außerdem kommen immer mehr Inder nach Sri Lanka auf Urlaub, für die wäre das eine Art Mallorca. Die sind ganz wild auf das Zeugs, kennen die Filme, schmachteten mit den Schauspielern, als sie selber jung waren. Ja und in Galle, speziell im Fort von Galle, hier kommen sie alle alle durchgelatscht. Viele der Bollywood-Filme wurden auf Sri Lanka, pardon, Ceylon gedreht. Bis 1972 hieß die Insel ja Ceylon und die Plakate von vor 1972, die sind sein ganzer Stolz. "You have to be obsessed with this." sagt er. Das ganze Haus ist eine Galerie, noch hängen nicht alle Bilder an den Wänden, stehen manche gerahmt am Boden, sogar das Bett ist vollgeräumt. Wohnen tut er nicht hier, kein Platz mehr übrig. Aber manchmal, gibt er zu, nutzt er das Himmelbett im Oberstock und schläft zwischen seinen Schätzen.

 

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Sanfter Tourismus

Eigentlich bin ich ausgezogen, um den roten Faden Sri Lankas zu finden. Den Faden, der sich durch diese Geschichte ziehen, welche mäandern und abdriften und Nebengeschichten erzählen soll, nur um schließlich wieder darauf zurückzukommen. Auf Sri Lankas Quintessenz. Allein gefunden habe ich es noch nicht. Weder den Faden noch die Quintessenz. Ein paar rote Fussel vielleicht, aber davon später.

Bentota Map

Bentota Map

 

Bentota zusammen mit Aluhtgama im Norden und dem angrenzenden Induruwa im Süden ist eine Sammlung von Dörfern, die sich entlang der vorübergehend stillgelegten Bahnlinie und der Küstenstraße aufreihen wie die Mondsteine auf den Tischen der Händler. Es ist eine der Hauptdestinationen von TUI & Co, und bevor ich zur Absolute Tranquility weiter im Süden vorstoße, habe ich bei den Prachtstränden Halt gemacht, die noch einigermaßen touristische Infrastruktur aufweisen. Zumindest der Strand ist so lang und prachtvoll wie erwartet, wenn auch menschenleer. Hier ist Peak Season, oder? Tatsächlich sind die Hotels auch gut gebucht, allerdings sind es nicht annähernd so viele, wie einem die Reiseprospekte zuhause glauben machen können. Verstreute Häuser, meist direkt am Strand mit gepflegten, dem Strand nachgelagerten Gärten, vereinzelt Gäste auf den Sonnenliegen, der Rest muß grad auf Schildkrötenzuchttour, Mondsteineinkaufstour oder mit dem Tuktuk unterwegs sein. Restaurants Fehlanzeige. Selbst die wenigen sind fast leer und das hauseigene Restaurant entpuppt sich als Geheimtipp. Der Leiter spricht fließend Deutsch, eigentlich spricht hier alles fließend Deutsch, Gäste eingeschlossen. Ogul vom Internetshop nebenan sogar mit Berliner Akzent. War da nicht was mit dem Erbe der britischen Kolonialzeit, die immerhin erst vor gut 60 Jahren geendet hat?

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Natürlich sprechen sie auch Englisch. Alle. Auch die Straßenhändler und die Schlepper am Strand, so wie der alte Fischer heute vormittag, der mit Sicherheit nicht fischt und dank eines einzigen Zahnes im Mund ein wenig blutschelt beim Ti-Eitsch. Ich wandere die sieben Kilometer Strand als Morgenspaziergang ab und obwohl fast menschenleer, kommt doch alle paar hundert Meter einer, um "Hello" zu sagen. Und die unvermeidliche Whereyoufrom-Frage zu stellen, die ich zum gefühlten fünfhundertsten Male freundlich beantworte. Austria, mit einem Lächeln, einem Winken, ohne meinen Marsch zu unterbrechen. Der Fischer mit einem Zahn schreit mir in bestem bayrischen Dialekt nach: "Do legst di nieder!"

 

Der war gut! Ich dreh mich um und muß lachen: "Ja, da lege ich mich nieder." Wenn ich nicht grad unterwegs bin jedenfalls. Er grinst auch. Hat keine Ahnung, was er eigentlich gesagt hat und freut sich einfach, daß es funktioniert. Ich spare mir die Erklärung, daß Bayern eigentlich in Deutschland liegt und er schwärmt mir von seinem Fischrestaurant vor, keine 300 Meter von hier, zählt auf, was er heute angeblich gefangen hat, die Frau wirds kochen. Schließlich gereicht mir meine noch immer vornehme Blässe zum Heimvorteil – first day Sri Lanka, tomorrow maybe. Funktioniert bereits seit über einer Woche ganz ausgezeichnet.

 

Freundlich sind die Singalesen, und sehr stolz auf ihr Land. Sie lächeln viel und lachen gerne. Selbst die Straßenhändler, Tuktukfahrer und die wie Schmeißfliegen herumflirrenden Strandschlepper sind freundlich, auch wenn man sich nicht auf ein Geschäft einläßt. First day ist natürlich ein Trumpf, gell? Man will sich ja nicht die spärliche Kundschaft vergraulen.

 

Weiter südlich wird’s exklusiver, werden die Beach Boys schüchterner. Ich laufe direkt auf ein Hindernis in Form eines Felsens mit Hotel zu. Also rauf auf den Felsen, rein ins Hotel, quer durch den idyllischen Garten, eine Runde durch den Speisesaal an der Rezeption vorbei, Verfügbarkeit und Preisliste erfragen, noch einmal die Aussicht und den dicken englischen Rasen genießen, auf der anderen Seite wieder runter. Wer hier wohnt, der geht nicht an den Strand. Zu profan, buchstäblich zu tief. Bei dem Pool mit der Aussicht aber auch kein Wunder! Es ist das mit Abstand schönste Hotel der Gegend: www.samanvilla.com

www.samanvilla.com
www.samanvilla.com

 

Ausblick von oben

Ausblick von oben

Zurück mit dem Tuktuk, denn weitere sieben Kilometer Marsch in der nun drückenden Mittagssonne scheinen nicht opportun. Zwischenstopp bei der Shunyata Villa, einem kleinen feinen Ayurveda Resort. Fünf Zimmer, höchstens zehn Gäste, ausschließlich gschrappenfrei (dabei hätten die so einen Spaß hier: "Mama, warum hast Du lauter schwarzen Dreck auf der Haut?" – "Das ist gesund, Christoph-Gunter, jetzt geh wieder die Katzen ärgern."). Ayurvedavollprogramm samt abgestimmten Mahlzeiten. Ich weiß, daß sie voll belegt sind, schon vor drei Tagen per Internet angefragt. Aber Tagesgäste nehmen sie noch. Ich lasse mir das Resort ausgiebig erklären: alles bio hier, alles frisch, alles total gesund für Körper und Seele, sieben Angestellte auf zehn Gäste unter schweizer Führung. Die machen hier kein Wischiwaschi, hier werden sie geholfen, hier kommt mir keiner ungesund davon. Entspannte Gesichter von Damen über Fünfzig blinzeln mir entgegen. Eine davon muß Sabine sein, von der schon auf der Homepage die Rede war. Um 6:30 Uhr ist Sabine sanft aufgewacht und hat die kleine Morgentoilette hinter sich gebracht, bevor sie zur Wellenmeditation an den Strand ging. Dabei begleitet man Wellen vom Horizont bis ans Ufer. Dann bekommt Sabine den gesunden Holzapfeldrink zum Frühstück, bevor die eigentlichen Behandlungen beginnen. Zumindest hier trennt sich Fiktion von Realtität, denn die heutige Sabine hat den Holzapfel entweder ausgelassen, oder sie bekommt ihn erst abends, so entspannt wie sie aussieht.

 

Ich ringe mit mir und versuche rauszufinden, ob mir ein paar Ayurvedadings mehr nützen als mir ein Holzapfel schaden könnte. Oder ob ich doch die pragmatische Variante nehme und 1200 Dollar für zwei Tage aboluter Tranquility in den Saman Villas auf den Kopf haue? Es juckt mich in den Fingern, aber schlafen wir mal darüber.