Sound Of Music auf Vietnamesisch
Unterhalten sich ein paar Individualreisende:
"We were to the Mekong delta, too."
"Did you do the one-day tour or the two day with a visit to the floating markets?"
"The two-day tour."
Es sind die Schweden mit den drei Kindern, mit denen wir in der Ha Long Bay vor drei Wochen das Boot geteilt haben. So trifft man sich wieder in Saigon, die ganze Welt ist ein Dorf. Natürlich wohnen sie auch in der Bui Vien Street, im gleichen Hotel wie wir. Was für ein Zufall in einer 8-Millionen-Stadt. Bui Vien, das ist die Backpackermeile von Saigon, hier landet alles was nicht Vietnamesisch spricht. Und die Dutzenden Travel-Agenturen offerieren alle die gleichen Touren. Zugegeben, das Mekongdelta auf eigene Faust zu erkunden, wäre etwas umständlich und würde Tage dauern. Aber wie immer es man auch macht: man landet letztlich auf dem gleichen Beaten Path, den alle nehmen. Individuell sind allerhöchstens die Detaileindrücke.
Song Cửu Long heißt das Gebiet bei den Einheimischen, der Fluß der neun Drachen. Weil er sich im Mündungsgebiet auf neun Hauptarme aufteilt.
Es ist eine geführte Tour wie alle geführten Touren hier: erzähl ihnen, was sie alles sehen werden, zeig es ihnen, versichere dich, daß sie es gesehen haben. Wir trinken Honigtee (= Tee mit Honig), fahren mit dem Boot über einen Arm des Mekong, mit den Fahrrädern über eine Insel, essen das Einheitsessen, lernen wie Coconut-Candy entsteht, das außerhalb Vietnams niemand kennt. Ein klein wenig Hintergrundinfo über das Gebiet wäre doch nett gewesen, zum Beispiel warum das Wasser hier so braun ist (wegen der Sedimente, deshalb ist es auch so fruchtbar) oder die Brücke, die sie hier 2001 gebaut haben. War ein ziemliches Ding, sowas hier hinzustellen, weil das gesamte Mekong-Delta über keinen festen Untergrund verfügt. Schwamm drüber, wir haben zum Glück unseren gedruckten Reiseführer.
Wesentlich ergiebiger das Gespräch mit My. Anfang 20 wird sie sein, Vietnamesin aus Saigon. Was die auf einer Touristentour macht, fragen wir sie. Ja, sie macht das öfter und das Mittagessen sei jedesmal das gleiche. Zumindest Reis, meint sie lakonisch, wäre typisch für die Gegend. Ihre Cousine aus Hue ist zu Besuch und damit das Mädel ein bißchen was von der Welt sieht, macht sie die Tour mit ihr. Sound-of-Music auf Vietnamesisch. Sie arbeitet in einem Café, dem eigenen kleinen Familienbetrieb. Dreihundert Angestellte, vier Locations, der größte Shop hat 1000 qm auf drei Etagen. Ein Family Business halt. Nein nein, ganz bestimmt keine Company! Da müßten sie mehr Steuern zahlen und am Ende noch Buchhaltung führen. Deshalb halten sie es lieber schön klein, Family Business halt. Jedem Familienmitglied eine halbe Etage, jeder ein kleiner Unternehmer, so segeln sie mit flachem Wind und ohne aufzufallen. Denn auffallen, das ist hier eher eine Unsitte.
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