Sydney in a day

09 February 2009 | Australien

Zum Abendessen gab es Thai fried rice chicken auf Australisch. Aber ich greife vor, der Reihe nach. 

 

Sydney ist eine Großstadt mit rund 4 Millionen Einwohnern und von allen Großstädten, die mir bisher über den Weg gelaufen sind, ist es am ehesten mit Boston vergleichbar. Nur daß die Bostonians sich bemüßigt fühlen, der Welt und den Amerikanern im Besondern ihr Heritage zu verklickern und auf History zu machen, womit sie eigentlich Kultur meinen. Tun die Syndeysider nicht, ist denen wurscht. Die gut 200 Jahre australische Geschichte sind hinlänglich bekannt, es ist wenig drunter, worauf man stolz ist und das war’s.

 

Sydney ist Gegenwart und das Wetter am Wochenende ist wichtiger als Börsenkurse. Für eine Stadt dieser Größe geht es relativ relaxed zu. Das sehen die Ostküstenaustralier etwas anders, für die ist Sydney der Inbegriff der Hektik. Was die Westküstenaustralier nochmal anders sehen, denn erst in Perth und südlich davon geht es wirklich entspannt zu – die ganze Ostküste ist viel zu busy. Würde man die Neuseeländer dazu befagen, bekäme man zur Antwort, daß die ganzen Australier ein bißchen zu hektisch sind, erst in NZ ist man wirklich laid back. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Es ist eine großflächige Stadt – man unterschätzt die Entfernungen in Australien generell auch wenn man sie weiß und selbst innerhalb von Sydney ist das der Fall. Die wenigen Wolkenkratzer und Bürotürme rotten sich auf der Halbinsel im Zentrum zusammen und basteln dort eine hübsche Skyline, fast wie in Manhattan.

 

Vornedran die Ikonen Harbor Bridge und Sydney Opera House.  Aber wir fangen unseren Spaziergang an der Central Station an, wie sich’s gehört. Erstmal versagt mein eingebautes intuitives Navigationssystem völlig und schickt mich eine halbe Stunde in die völlig falsche Richtung. Es ist noch auf die nördliche Hemisphäre geeicht, während hier alles umgekehrt ist: auf den Straßen fährt man links, aber auch der Fußgängerverkehr orientiert sich links. Auf den Rolltreppen stehen rechts nur die Touristen und halten den Fußgängerverkehr auf. Die Sonne steht mittags im Norden und das Wasser im Klo fließt linksherum ab, nicht rechtsrum wie bei uns. 

 

Während die Straßen eher amerikanische Dimensionen haben, sind die Autos mehr europäisch dimensioniert, was zum entspannten Gesamteindruck beiträgt. Weniger Gas-guzzling-Pickups als echte 4WD, mit denen man am Wochenende auch aufs Land kommt.

Sydney ist hügelig

Sydney ist hügelig

Kommt man direkt aus China, fallen einem ein paar asiatische Gesichter nicht weiter auf, aber nach einer Weile Gehens kam es mir dann doch langsam seltsam vor. Sydney ist doch nicht China… Und tatsächlich: mein Stadtplan erklärt, daß ich in Chinatown von Sydney gelandet bin. Also kehrt marsch, retour. Ich wollte in die Docks, nach Darling Harbour, die Rocks und auf die Harbour Bridge.

 

Darling Harbour ist ein relativ neuer Stadtteil, der vor 10 oder 15 Jahren aus seinem dahinsiechenden Dasein erlöst und touristisch erschlossen wurde. Ist nett dort, auch wenn es nichts gibt das es sonstwo nicht auch gäbe, außer ein paar tollen neuen Museen wie dem Sydney Aquarium und dem National Maritime Museum.

Darling Harbour

Darling Harbour

Interessanter sind The Rocks, ein alter früher zwielichtiger Stadtteil am Südende der Harbour Bridge, nunmehr aufpoliert mit netten Shops, hübschen Wohnhäusern und schönen alten Hotels. Auf dem Weg dorthin, das Queen Victoria Building, ein Einkaufszentrum der exklusiveren Art mitten im Zentrum.

Queen Victoria Building
Queen Victoria Building

 

Nochmal von innen

Nochmal von innen

therocks-kaffee

Kaffeepause

Von den Rocks geht’s direkt auf die Harbour Bridge. Es ist eines der Wahrzeichen von Sydney und die Sydneysider sind zu Recht stolz drauf. 1932 fertiggestellt war es die "Iron loung", der Hauptarbeitgeber in Sydney zur Zeit der großen Depression. Es ist die viertlängste Dual-Hinge-Steel-Arc-Bridge der Welt, gilt aber mit Breite, Höhe und Tragkraft als die größte, auch heute noch. Der Ausblick von einem der Brückenpfeiler ist fast so berauschend wie von der Brücke direkt (man kann die Bögen raufklettern), kostet mit $10 aber nur einen Bruchteil der $300 die sie dir zur besten Tageszeit fürs Bridgeclimbing abknöpfen.

The Rocks von der Harbour Bridge

The Rocks von der Harbour Bridge

 

Das sind immerhin rund 150 Euro für einmal Raufklettern. Selber, wohlgemerkt. Neben den Rocks ist der Circular Quay, der Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Von hier gehen Fähren in alle Richtungen wie anderswo Busse. Falls jemand denkt, Sydney wäre flach bloß weil der Rest von Australien keine Berge hat, irrt. Sydney ist im Gegenteil relativ hügelig.

 

Harbour Bridge
Harbour Bridge
Nochmal

Nochmal

 

Circular Quay

Circular Quay

 

Gleich anschließend fängt der botanische Garten an mit dem Opernhaus an der Spitze. Das sah gestern im Freiluftkino etwas besser aus als aus der Nähe, es wirkt nämlich etwas (pardon) dreckig mit seinen weißbeigen Keramikkacheln als Dach und dem konsequenten Braun darunter. Von den bronzegefaßten braungetönten Fenstern bis zum Bodenbelag auf dem Vorplatz ist alles Braun in Braun. Das Sydney Opera House erinnert an die aktuelle Finanzkrise. Ursprüngliche veranschlagte Bauzeit und Kosten waren 4 Jahre bzw. A$ 7 Millionen. Fertiggestellt wurde die Oper schließlich 10 Jahre später um A$ 102 Millionen und alle waren mit dem Architekten zerstritten.

 

Sydney Opera House
Sydney Opera House
Aus der Nähe

Aus der Nähe

Im Detail

Im Detail

 

Alle mir Air China da, Reihe 38 F bis 41 C

Alle mit Air China da, Reihe 38 F bis 41 C

 

 

Der botanische Garten ist allerdings ein Highlight von Sydney und das sehen auch die Einheimischen so. Hier wird relaxt, gejoggt, geboxt, geradelt und was man sonst noch alles im Freien sporteln kann. Auf der Rückseite des Royal Botanic Gardens finden wir die Woolloomooloo Bay mit alten Lagerhauspfahlbauten, die heute eine Wohnanlage der nicht ganz so billigen Art darstellen. Ist aber sehr praktisch. Da hier fast jeder ein Boot hat, kann man praktisch vor der Haustür parken. Der Besitzer vom Penthouse ist ebenfalls grad zuhause, wie links im Bild gut erkennbar.

 

 

Woolloomooloo Bay

Woolloomooloo Bay

 

Von der Bay geht’s rauf nach Kings Cross, wo ich seit gestern bei Eva’s gelandet bin. Das Blue House in Kings Cross kennt tatsächlich jeder Taxifahrer hier. Es ist eine hübsche Residental Gegend mit vielen ruhigen kleinen Straßen, Renate’s Reihenhaus im Dutzend (und die ham hier auch großteils keine Heizung).

 

Kings Cross Residental Area

Kings Cross Residental Area

 

Wenige Meter rauf auf der Viktoria Street tobt das Nachtleben mit all seinen Tiefen, die auch Sydney hat. Das hier ist Backpackers Paradise und wo man abends mit dem Sandwich oder der Pasta auf dem Schoß mit der Bierflasche in der Hand auf dem Gehsteig und sich Backpackerlegenden erzählt, kocht tagsüber der Thailänder friedfertig neben dem Inder und dem Afrikaner, alle drei gleich gegenüber von McDonalds und KFC. Der Thai serviert auf den zwei Tischchen vor dem Geschäft nur Essen, aber außer Tapwater keine Getränke. Fridge’s broken, sorry. Gehst halt in den Markt nebenan, kaufst dir einen Drink und kommst wieder her damit, wir machen derweil das Essen. Ist doch nicht so kompliziert, Leute! Australisch halt.


One Response to “Sydney in a day”

  • 1 Petra Says:

    Ein Wort mit 8 O’s, dafür muss man tatsächlich ans andere Ende der Welt um das zu finden (oder fällt nur mir grad spontan keins ein?) Hast angeklopft beim Herrn Pentouse auf an kleinen Plausch wenn doch alles so herrlich hektisch relaxed ist oder ist ihm der kreative Cappuccino Schaum ausgegangen?

    Merci fürs Schmuddelwetter vergessen machen.

    Petra