World’s End

16 January 2012 | Sri Lanka

Tagwache 4:30 Uhr. Wir wollen früh dort sein, bevor der morgendliche Dunst von den Tälern aufsteigt und die Fernsicht vereitelt. Bis ans Ende der Welt sind es eineinhalb Stunden Fahrt und eine Stunde Fußmarsch – doch wie sovieles in diesem Land sind die Zeitangaben sehr relativ. Die Handgriffe sind automatisiert, warme Sachen im Rucksack nach oben, alles andere nach unten, letzter Rundblick nach vergessenen Gegenständen negativ, marschbereit.

 

Sri Lanka ist ein Land der Frühaufsteher. Unsere Fahrt führt um fünf Uhr früh durch gottverlassene Bergdörfer, doch die Tamilen sind längst auf und unterwegs, zu zwölft auf der Ladefläche eines Klein-LKW, frierend zusammengedrückt, auf dem Weg nach wer-weiß-wohin. Hier ist Tamilenland. Unser Kleinbus klettert weitere 1000 Höhenmeter auf Straßen, die zuhause einer Bergbauernhofzufahrt Schimpf und Schande einbrächten, und mit jeder Viertelstunde wird es kälter, bis endlich endlich der Sonnenaufgang die Nacht ablöst.

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Naama verteilt Frühstückspakete, Toast gefüllt mit Curry-Paste – noch leicht warm, Bananen und Zitronenkekse. Wie sie das um 4 Uhr früh hingekriegt hat, ist eine Sensation und absolut süß von ihr. Letztlich kommen wir doch erst um halb Acht an, die Fahrt hat wieder einmal etwas länger gedauert. Wir sind beileibe nicht die ersten – zwölf Gruppen sind bereits vor uns rein, ab dem Vormittag wird es sich am Gate stauen, kommen die Einheimischen zum Familienausflug.

 

Die Gegend ist surreal, erst recht in dem klaren morgendlichen Licht. Ein riesiges Hochplateau auf 2000 Meter. Horton Plains und das Ende der Welt. Der Pfad ist gut befestigt, abschweifen verboten, Alkohol verboten, Rauchen verboten, Plastiksackerl verboten. Unsere Zitronenkekse werden von der Security in Papier umgepackt, damit wir nichts dalassen können, was der Umwelt schadet. Keine Ahnung, wie sie mit dem Cola umgehen, die Wasserflaschen dürfen passieren. Unsere. Bei den Tamilen sind sie strenger, beginnt die Umwelterziehung erst, bei uns Weißen setzen sie offenbar schon ein paar Manieren voraus oder sie wollen uns bloß nicht ärgern, der Eintritt ist hoch genug.

 

Nach einer Stunde Marsch erreichen wir World’s End. Eine Klippe, 900 Meter hoch. Beim Drüberbeugen kribbelt es in der Magengegend, wirklich. 900 Meter senkrecht ist ernst, da sagt der Magen was anderes als der Kopf! Erste Dunstschleier ziehen bereits aus dem Tal herauf. Später werden sie Wolken bilden, die die Hochebene buchstäblich einnebeln. Der Großteil der Wolken regnet nicht ab, sondern streift seine Feuchtigkeit direkt ans Laub der Bäume ab. Es hat sich gelohnt, das frühe Aufstehen.

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Um 11:30 Uhr sind wir 300 Meter tiefer. Bei Ohiya schmeißen sie mich aus dem Bus, kurze Umarmung, gute Reise! Grad rechtzeitig, der 9-Uhr-Zug von Ella, den ich eigentlich nehmen wollte, kommt hier um 11:27 Uhr durch. Wir haben die übliche Verspätung gut kalkuliert. Nur der reservierte Platz in der ersten Klasse, der ist leider weg. Nicht mehr zu kriegen. 70 Kilometer Luftlinie, sechs Stunden Stehplatz bis Kandy. Warum tue ich mir das nur an? Aber sie war einfach zu charmant, als daß jemand ihr hätte widerstehen können:

Naama mit den Zitronenkeksen
Naama mit den Zitronenkeksen

  

Durch das Tea Country von Sri Lanka mit dem Zug: hier oben auf über 1700 Meter wächst der beste Tee.

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