Ballermann Australiensis

10 March 2009 | Australien

Koalabären sind süß, knuddelig und ziemlich dumm. Möchte man nicht glauben, wenn man sie so ansieht. Sie üben genau drei Tätigkeiten aus, denn zu mehr reicht es nicht: Faulenzen, Fressen und das andere Wort, das mit F anfängt und mit icken aufhört. Kleine Koalababys klammern sich am Rücken ihrer Mutter fest. Fällt eines runter, dann stirbt es, denn die Mutter hat nicht den Hauch einer Idee, daß es überhaupt weg ist. Tatsächlich haben Koalabären im Verhältnis zur Körpergröße und verglichen mit anderen Säugetieren ein winziges Gehirn. Dumm wie Gummibärchen.

 

Wer mag ihn mal halten? Furzender Koalabär darf auf den Arm genommen werden.

Wer mag ihn mal halten? Furzender Koalabär darf auf den Arm genommen werden.

 

Ich wollte euch ja ein wenig von der Ostküste erzählen und die hat viel hat mit Koalabären zu tun. Die Bären gibt es in freier Wildbahn, auf jeden Fall aber im Streichelzoo, zu bewundern und gegebenenfalls auch auf den Arm zu nehmen. Aber das meine ich eigentlich nicht. Die Ostküste, das ist vor allem Queensland, von Brisbane bis rauf nach Cairns. Die Ostküste, das sind traumhafte Strände, reges Nachtleben, unzählige Naturschönheiten. Die Ostküste, das ist der Trampelpfad der Backpacker, der Ballermann Australiens.

 

Soferne man nicht mit Leib und Seele Zuckerrohrfarmer ist, kann man die Naturschönheiten Queenslands am bestem vom Wasser aus erkunden. Whitsundays, Frazer Island, Great Barrier Reef, you name it. An Land gehen lohnt eigentlich nicht.

 

Außer man möchte Koalabären kennenlernen. Diese treten hier häufig in Gruppen auf und wenn sie sich nicht an den Touristenbars vollaufen lassen – im Fachjargon der Zoologen Socializing genannt, stehen sie an der Rezeption des Hostels herum. Runde Kulleraugen, meist blond, Anfang Zwanzig, den Babyspeck noch auf den Hüften und bevorzugt zu zweit, linke und rechte Gehirnhälfte. Was sie dort wollen, wissen sie oft selbst nicht so genau, aber they are having a great time. Männchen und Weibchen unterscheiden sich dabei nur geringfügig im Balzverhalten und werden von bunten Leuchtreklamen mit zusammenhanglosen Sätzen, welche das Wort "FREE" enthalten, magisch angelockt. Die des Englischen mächtigen zieht es zu den anspruchsvolleren Sammelplätzen mit der Aufschrift "Backpacker Specials" und ähnlichen Glanzstücken marketingrethorischer Raffinesse. Viele können Verheißungen wie Mixed-Sex-Eight-Bed-Dorm nicht widerstehen.

 

Die Tourismusindustrie Australiens ist eine gute geölte Maschine. An der Ostküste läuft sie zwölf Monate im Jahr auf Volltouren, immer bemüht, dem Reisenden die Illusion von Individualität zu vermitteln. Möchten sie gerne East Coast Small, Medium oder Supersize? Ein Frazer Island als Beilage, einen Tauchgang als Nachspeise? So stellt sich jeder nach Geschmack sein Menü zusammen und trifft sich doch immer wieder unterwegs. Was für ein Zufall! Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Die YHAs, die offiziellen Jugendherbergen Australiens, wenden sich an den moderaten Traveller, der nachts gerne etwas Ruhe findet vom anstrengenden Reisen. Bei den BasePackers, Magnums & Co steht das Socializing im Vordergrund. Pädagogisch wertvoll ist das, wenn der Junior lernt, wie es in anderen Ländern zugeht, daß man sein Bier teilen muß und nebenbei noch ein paar Fetzen einer wichtigen Fremdsprache zu lallen lernt. Iren ausgenommen, die lernen hier nichts dazu. Viele der Hostels sind richtige Hostelketten, samt professionellem Branding. Wie soll man sich sonst entscheiden? Asylum Inmate – Completely Insane , steht auf dem T-Shirt, das alle Neuankömmlinge beim Einchecken gratis erhalten. Sorry, FREE. Der durchschnittliche IQ der Gäste ist Programm. Fällt er am Ende eines langen Tages in der Bar vom Stuhl, wissen alle, wo er hinmuß. Soweit kommt es freilich selten, denn die meisten dieser Unternehmen sind fully licensed Bars.

 

Paradies mit Hindernissen, einer der Strände auf Magnetic Island

Paradies mit Hindernissen, einer der Strände auf Magnetic Island

Aber nicht nur Europäer kommen an die Ostküste zum Saufen. Auf Magnetic Island treffe ich ein paar NSWler. Magnetic Island ist eine wahre Touristeninsel. Um diese Jahreszeit ziemlich tot, von Mai bis Oktober brechend voll. Vermutlich gibt es ein paar Wochen zwischen April und Mai, wenn die Quallen weg, die Strände gesäubert und die Massen von Touristen noch nicht da sind, dann muß es hier wirklich schön sein. Die NSWler kommen lieber in der Dead Season. Zu siebt sind sie und haben ein Haus gegenüber dem Hostel gemietet. Unser Hostel liegt mitten im Regenwäldchen der Insel, ganz am Nordende. Wie die meisten hier ist es eine Kombination von Unterkunft, Restaurant und öffentlicher Licensed Bar. Eine ganze Woche sind sie hier, jedes Jahr. Was macht an um diese Jahreszeit auf Magnetic Island eine Woche lang?? Fun haben. Fun heißt, um 10 Uhr mit dem Trinken anzufangen, Vormittag versteht sich. Damit geht sich ein Vollraus bis um 10 Uhr Abends aus, ohne Streß zu kriegen. Um 10 Uhr Abends ist last Order auf Magnetic Island, dann sperrt die Bar zu und um 10:30 Uhr sitzen wir im Dunkeln. Und die nächste Bar ist 10 km weit weg.

 

Magnetic Hütteldorf, Unterkunft auf Magnetic Island

Magnetic Hütteldorf, Unterkunft auf Magnetic Island


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