Grüße aus Bollywood

08 January 2012 | Sri Lanka

Wie kommt man als Engländer auf die Idee, ausgerechnet in Sri Lanka eine Galerie zu eröffnen, die exklusiv auf Filmplakate von alten Bollywood-Schinken aus den 50er, 60er und 70er Jahren spezialisiert ist?

 

Aber der Reihe nach.

Mit dem Tuktuk 50 km nach Galle

Mit dem Tuktuk 50 km nach Galle

Straßeneindrücke

Straßeneindrücke

Galle ist eine der hübschesten Städte von Sri Lanka. Es hat etwa 100.000 Einwohner und liegt 115 Kilometer südlich von Colombo, schon nahe am Südrand. Es war eine wichtige Stadt für die Portugiesen und danach für die Holländer, die sie als Handelshafen geschätzt und hier auch ihre Fußabdrücke hinterlassen haben. Kolonialarchitekur wohin man schaut. Erst die Briten haben Galle zugunsten von Colombo vernachlässigt. Das vorgelagerte Fort hat die Jahrhunderte und auch den Tsunami in 2004 mehr oder weniger unversehrt überstanden und ist heute UNESCO Weltkulturerbe. Das Fort mit seinen rund 500 x 500 Metern, die bis heute von einer massiven Mauer umschlossen sind, ist eine Art Stadt in der Stadt. Verkehr findet kaum statt, denn die paar Meter gehen alle Touristen zu Fuß. So bleibt ein verwinkeltes Gewirr aus kleinen Gassen und Straßen mit verschlafenen Häusern aus der Kolonialzeit übrig. Auf dem Platz vor dem District Court meint man noch die holländischen Offiziere "Hebt Acht!" (oder so ähnlich, ich war grad um die Ecke) schreien zu hören.

Das alte Stadttor - eigentlich der Eingang zum Fort

Das alte Stadttor - eigentlich der Eingang zum Fort

Galle Fort

Galle Fort

Kolonialarchitektur wohin man schaut

Kolonialarchitektur wohin man schaut

Exerzierplatz der Holländer

Exerzierplatz der Holländer

Ein- und Durchblicke

Ein- und Durchblicke

Ohne Kommentar, für jemand Besonderen

Ohne Kommentar, für jemand bestimmten, der Leuchttürme liebt

Die Gäßchen sind gepflastert, nicht geteert. Viele der Häuser erstrahlen wieder in ihrem ursprünglichen Glanz, einige befinden sich noch im Dornröschenschlaf und warten auf ihre Erweckung. Die Immobilienpreise haben sich in den letzten Jahren vervielfacht, seit etwas betuchtere Europäer, Russen und auch Chinesen sich in dem Viertel mit Dritthäusern eindecken. Die gepflegten Maklerbüros sprechen für sich, Galle boomt, Andratx von Sri Lanka.

Die All-Saints-Church ist nur eine von mehreren Kirchen im Viertel

Die All-Saints-Church ist nur eine von mehreren Kirchen im Viertel

Noch beeindruckender ist die Moschee

Noch beeindruckender ist die Moschee

Das Haus wartet noch auf seine Erweckung

Das Haus wartet noch auf seine Erweckung

Der Wächter vom Maritime Archaeology Museum wartet auch auf seine Erweckung

Der Wächter vom Maritime Archaeology Museum wartet auch auf seine Erweckung

 

Im besten Haus am Platz, dem Amangalla Hotel, das seit dem 17. Jahrhundert hier steht und das älteste registrierte Hotel Sri Lankas ist, mache ich Rast. Church Street One. Der Speisesaal mit Veranda ist fünf Meter hoch, der sanfte Luftzug tut gut. Vom den oberen Stockwerken kann man den Hafen sehen, aber für die oberen Stockwerke brauchts ein paar hundert Dollar mehr als für einen gepflegten Cappuccino und ein Mango-Lassi.

Amangalla Hotel mit Veranda

Amangalla Hotel mit Veranda

Der Ausblick (zumindest vom 1. Stock)

Der Ausblick (zumindest vom 1. Stock)

 

 

In der exklusiven Church Street schließlich hat Philip ein Haus gemietet. Ground floor and first floor. Mit Balcony zur Straße. Im Oberstock steht noch das alte Himmelbett der Vormieter, das war dabei. Philip ist um die Dreißig, ganz Galerist sitzt er im Erdgeschoß vor seinem Macbook Air und arbeitet konzentriert. An der Homepage, denn die ist noch ebensowenig fertig wie überhaupt die ganze Church Street Gallery. Philip verkauft Poster von alten Bollywood-Schinken aus den 50er- bis 70er-Jahren. Wo er die her hat, frage ich ihn. Er lächelt wissend: gute Kontakte über Freunde in Indien. Und wieso auf Sri Lanka und nicht zum Beispiel in London?

 

Nun, meint er lakonisch, er lebt mit seiner Frau hier und irgendwas muß er schließlich anfangen mit den langen sonnigen Tagen. Außerdem kommen immer mehr Inder nach Sri Lanka auf Urlaub, für die wäre das eine Art Mallorca. Die sind ganz wild auf das Zeugs, kennen die Filme, schmachteten mit den Schauspielern, als sie selber jung waren. Ja und in Galle, speziell im Fort von Galle, hier kommen sie alle alle durchgelatscht. Viele der Bollywood-Filme wurden auf Sri Lanka, pardon, Ceylon gedreht. Bis 1972 hieß die Insel ja Ceylon und die Plakate von vor 1972, die sind sein ganzer Stolz. "You have to be obsessed with this." sagt er. Das ganze Haus ist eine Galerie, noch hängen nicht alle Bilder an den Wänden, stehen manche gerahmt am Boden, sogar das Bett ist vollgeräumt. Wohnen tut er nicht hier, kein Platz mehr übrig. Aber manchmal, gibt er zu, nutzt er das Himmelbett im Oberstock und schläft zwischen seinen Schätzen.

 

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